Der Powerdrink aus der Natur

Mädchen in traditionellen Kulturen wachsen in einer Gesellschaft auf, in der es selbstverständlich ist, stillende Mütter um sich zu haben. Von klein auf erleben sie dies als die Norm, über die es gar nicht nachzudenken gilt. Bei uns wird man meist erst kurz vor der Geburt mit dem Thema Stillen konfrontiert und es sind auch nicht immer im Bekanntenkreis Frauen zu finden, die ihre Kinder gestillt haben. So sind auch die Vorteile die das Stillen für Mutter und Kind mit sich bringen in unserer Gesellschaft großteils noch wenig bekannt.

Muttermilch deckt den gesamten Ernährungsbedarf eines Säuglings im ersten Lebenshalbjahr und mehr noch: Muttermilch ist in ihrer Nährstoffzusammensetzung genau an das jeweilige Alter und die Bedürfnisse des menschlichen Babys angepasst. Auch wenn künstliche Babynahrung mit einzelnen wichtigen Bestandteilen wirbt, kann sie niemals auch nur annähernd die reiche Mischung an Nährstoffen und biologisch aktiven Substanzen kopieren: Ein Tropfen Muttermilch enthält mehr als 4000 (!) lebende Zellen! Diese dienen dem Kind als Schutz vor Krankheiten und unterstützen seine körperliche und geistige Entwicklung. Nicht umsonst wurde Muttermilch auch schon in "vorwissenschaftlichen" Zeiten das "weiße Blut" genannt.

Vorteile des Stillens für das Kind

Das Stillen ist die durch die Natur wunderbar geplante, grossartigste Hilfe um eine harmonische Entwicklung des Kindes optimal zu unterstützen. Beim Stillen wird durch das intensive Saugen des Babys, eine rhythmische Massage des oberen Gaumens bewirkt, welcher durch den Gaumenspalt nach oben mit den restlichen Teilen des Kopfes verbunden ist. Diese konstante Mikromassage bewirkt langsam eine Entspannung der Schädelplatten und auch eine kontinuierliche Impulsgebung ans Gehirn.

Gestillte Kinder leiden im Vergleich mit nichtgestillten weniger oft an Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, Infektionen der Atemwege, Mittelohrentzündungen, Harnwegsinfekten sowie Hautausschlägen und Ekzemen. Dieser Schutz wirkt auch noch nach der eigentlichen Stillzeit.

Auch treten Zöliakie, Diabetes, Morbus Crohn und Krebs im Kindesalter bei gestillten Kindern seltener auf. Immer mehr bekannt wird auch die Tatsache, dass Stillen die beste Allergieprävention darstellt und außerdem einen erhöhten Schutz gegen Adipositas (Fettsucht) bietet. Da durch das Saugen an der Brust die Ausbildung des Kiefers und der Mundmuskulatur optimal gefördert wird, unterstützt dies eine optimale Sprachentwicklung und beugt Zahnfehlstellungen vor.

Doch' Stillen bietet dem Baby nicht nur gesundheitliche Vorteile. Durch den häufigen Haut- und Körperkontakt mit der Mutter wird die Bindung zu dieser wesentlich gefördert, sein Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit gestillt. Zu guter letzt werden dadurch auch alle Sinne angeregt und die geistigseelische Entwicklung unserer Kinder unterstützt.

Vorteile für die Mutter

Wenden wir den Blick vom Baby zur Mutter, so wird auch hier deutlich, welch mannigfaltige Vorteile eine Stillbeziehung hat. Durch ein Stillen gleich nach der Geburt bildet sich die Gebärmutter schneller zurück, daher kommt es zu einem geringeren Blutverlust. Das durch das Stillen gebildete Hormon Prolaktin verzögert auch die Rückkehr der Fruchtbarkeit und der Regelblutung. Dadurch werden die Eisenreserven der Frau geschont. Weiters wird die Immunabwehr der Mütter durch die Stillhormone gefördert und Stillen verhilft auch zu einer natürlichen Gewichtsabnahme.

Auch von Seite der Mutter fördert Stillen den Bindungsprozess. Die Hormone Prolaktin und Oxytocin haben eine entspannende und ausgleichende Wirkung und helfen so der Frau beim "Mutter-werden".

Stillen hat aber auch ganz praktische Vorteile: Muttermilch ist immer in der richtigen Temperatur vorhanden, ideal für Reisen, Ausflüge und auch Notzeiten. Zusätzlich zum geringeren Zeitaufwand (z.Bsp. kein Fläschchen machen mitten in der Nacht) spart Stillen auch Geld: ca. 75 Euro pro Monat.

Wie lange Stillen ?

In unserer Kultur ist derzeit eher eine Stilldauer von Wochen oder Monaten üblich, doch zeigt ein Zeiten- und Kulturenvergleich, dass menschliche Babys von der Evolution her gesehen eigentlich darauf vorprogrammiert sind über Jahre gestillt zu werden.

Auch wissenschaftliche Studien belegen inzwischen, dass viele gesundheitliche Vorteile direkt abhängig sind von der Stilldauer (kindliche Mittelohrentzündung, Zahnfehlstellungen, ....). Interessant auch, dass bei Kindern im Krabbelalter, die ja nun vermehrt mit Keimen ihrer Umwelt in Berührung kommen, der Gehalt an Immunsubstanzen in der Muttermilch wieder ansteigt. WHO und UNICEF empfehlen sechs Monate ausschließliches Stillen und bei angemessener Beikost fortgesetztes Stillen bis zu zwei Jahren und mehr.

Verantwortungsvolle Entscheidung Stillen war früher eine Frage des Überlebens. Heute, in einer Zeit, in der Themen wie Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung hoch im Kurs stehen, wird oft betont, dass es ganz allein die Entscheidung der Mutter ist, ob sie stillen möchte oder nicht. Wenn also schon das Baby nicht direkt gefragt werden kann, so denke ich sollte diese verantwortungsvolle Entscheidung gut informiert getroffen werden.
Ursula Schoner - Natürlich Leben 2/2005

Literatur:

- "Handbuch für die stillende Mutter" LLL International
- "Stillen" M. Guoth-Gumberger, E. Hormann
- "Schlafen und Wachen" W.Sears
- "Stillen" Die Quelle mütterlicher Kraft von Ursula Henzinger

Im Internet

- www.Ialecheliga.at (Stillberaterinnen und Stillgruppen der LLL)
- www.stillen.at (Website der Still-und Laktationsberaterinnen, IBCLC)

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