Mai
2004
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Strahlender
Irak-
Die tödlichen Hinterlassenschaften der Alliierten
Mai
2004 - Die USA wollten Saddam beseitigen, weil er angeblich Massenvernichtungswaffen
besitzt und damit andere Länder bedroht. Nun stellt sich heraus, dass
diese Alliierten selbst mit Uranwaffen eine Massenvernichtungswaffe eingesetzt
haben und zu Kriegsverbrechern geworden sind. Sie wollten Saddam,
weil Mörder und Folterer stürzen - nun beweisen die schrecklichen
Folterfotos in allen Zeitungen, dass das "demokratischste Land der Erde"
mit seinen hehren Ansprüchen die gleichen Verbrechen begeht, um die "Demokratie"
einzuführen - eine Schande.
Zurückbleiben
wird Chaos, und vermutlich wird auch für das irakische Volk nichts besseres
nachfolgen. Den Gewalt mit Gewalt zu vertreiben wird nie funktionieren. (Bestes
und aktuellstes Beispiel ist Israel )
Uranmunition
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von Frieder Wagner (unabhängiger Filmemacher) mit freundlicher Genehmigung
Für uns Deutsche
ist es bei Temperaturen um 35° im Spätherbst immer noch sehr heiß
im Irak. Als die UNO ihre Leute dort gerade abgezogen hatte, waren wir im
Oktober in den Irak eingereist. Im Auftrag des WDR sollten wir für eine
Fernsehdokumentation Material sammeln, über die gesundheitlichen Schäden,
die immer wieder in Zusammenhang mit der Uranmunition gemeldet worden waren.
Die Alliierten hatten nicht nur im ersten Golfkrieg 1991 diese DU-Munition
(DU = depleted uranium, abgereichertes Uran) dort tonnenweise zum Einsatz
gebracht, sondern auch im letzten Krieg im März / April 2003 diese Munition
wieder in großen Mengen verwendet.
Begleitet haben wir auf dieser Reise zum einen den deutschen Arzt und Wissenschaftler,
Professor Dr. Siegwart-Horst Günther, der 40 Jahre als Arzt und Epidemiologe
im Nahen Osten gearbeitet hatte, fünf Jahre davon allein in Bagdad. Zum
anderen fuhr Tedd Weyman, Vizedirektor des in Kanada ansässigen "Uranium
Medical Research Centre" (UMRC) mit uns. Beide Männer wollten einige
Hauptschauplätze des letzten Irakkrieges hinsichtlich der eingesetzten
Uranmunition untersuchen und wir wollten sie mit unserer Kamera begleiten.
Kinder spielen mit Geschossen
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Prof. Dr. Günther
waren im Irak schon 1991/92 zum ersten Mal neue Krankheitsbilder, besonders
bei Kindern aufgefallen, die er vorher dort nie gesehen hatte. Er diagnostizierte
damals als erster, dass es Zusammenhänge geben musste, zwischen abgebrannten
Urangeschossen, mit denen Kinder wochenlang gespielt hatten und ihrem kurz
darauf erfolgtem Leukämietod und anderen Nieren- und Lebererkrankungen,
an denen Kinder plötzlich starben. Diese Beobachtungen und seine Diagnose,
dass diese tödlichen Erkrankungen von den abgebrannten Urangeschossen
herrühren könnten, veröffentlichte er im Herbst 1991 erstmals
im "Neuen Deutschland". Andere Zeitungen wollten seine Erkenntnisse
damals nicht drucken.
Feldforscher Tedd Weyman von UMRC hatte schon mit seinen Aktionen in Ex-Jugoslawien
und in Afghanistan für Aufsehen gesorgt und dort unerklärte Krankheiten
in Verbindung mit der DU-Munition gebracht. Nun wollte er für UMRC auch
hier im Irak nach dem neuen Krieg
solche Erkenntnisse erhärten.
Uranmunition zerstört durchschlagend
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Von den Nato-Streitkräften
wurden diese Urangeschosse seit den siebziger Jahren im Kampf gegen gegnerische
Panzer eingesetzt, weil sie laut Testergebnissen wie "Butter in die Panzer
der Gegner eindringen". Da abgereichertes Uran schwerer als Blei und
seine Dichte noch um 70 Prozent höher ist, als dieses Schwermetall, verleiht
das Uran dem Geschoss durch sein Gewicht eine ungeheure Durchschlagskraft,
denn eine mit abgereichertem Uran gefüllte Ein-Liter-Wasserflasche würde
19 Kilogramm wiegen !
Doch das Urangeschoss hat noch eine weitere giftige und Tod bringende Eigenschaft:
Beim Durchdringen der gegnerischen Panzerung entsteht ein Uranabrieb, der
sich durch die Bewegungsenergie bei Temperaturen von ca. 800° - 1000°
selbst entzündet und zu hoch giftigem Uranoxid verbrennt. Die Besatzung
des Panzers verglüht und der Panzer selbst explodiert. Die dabei entstehende
Uranoxidwolke verseucht dann die Umwelt und kann durch Einatmen in den menschlichen
Körper gelangen. Aber auch durch Wunden oder mit kontaminierten Nahrungsmitteln
können die Uranoxidpartikelchen in den Körper kommen und Vergiftungen
oder Krebs auslösen.
Zusammenhänge werden geleugnet
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Nato und Pentagon bestreiten allerdings bis heute kategorisch, dass zwischen den in den Kampfgebieten aufgetretenen Krankheitsbildern und der Uranmunition ein Zusammenhang besteht.
In Bagdad hatte unser
einheimischer Fahrer ein einfaches Hotel für uns gefunden. Wir waren
damit seinem eindringlichen Rat gefolgt, uns von amerikanischen Besatzungssoldaten
und Geschäftsleuten fernzuhalten, da sie immer ein mögliches Ziel
von Terroranschlägen sein könnten - wie berechtigt diese Vorsichtsmaßnahme
war, konnten wir danach fast jeden Abend in den BBC-Nachrichten verfolgen,
wo fast täglich von Anschlägen berichtet wurde und da hat sich bis
heute leider kaum etwas geändert.
Ansonsten wurden wir im Irak als Deutsche von der Bevölkerung gut aufgenommen.
Am Krieg nicht beteiligt gewesen zu sein, fand überall eine gewisse Anerkennung.
Die Bevölkerung weiß
Bescheid
Erstaunlich für uns war, wie gut der Durchschnittsbürger im Irak
über die Gefahren von abgereichertem Uran informiert ist. Allerdings
haben die Menschen zur Zeit andere Sorgen: Arbeitslosigkeit und der Hunger
zwingen sie dazu diese Gefahren hinten an zu stellen. So müssen viele
Jugendliche und auch alte Menschen aus Not auf dem Bagdader Panzerfriedhof
von Auweirj in zum Teil verstrahlten Panzern Metallteile ausbauen, um am Ende
des Tages ein paar Dinar für ein kärgliches Mahl zu erhalten. Dass
sie sich gleichzeitig gefährden und ihre Gesundheit aufs Spiel setzen
muss ihnen erstmal, wegen des Hungers, egal sein.
Sand drüber und fertig
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In Bagdad haben wir mit Tedd Weyman einige Schlachtfelder und Einsatzorte von Uranmunition aufgesucht, die von den amerikanischen Soldaten grob gesäubert worden sind. Das heißt, stark kontaminierte Panzer waren auf Tieflader verladen und irgendwo in der Wüste wieder abgeladen und mit Sand zugeschüttet worden. Aber auch das so genannte Restaurant, das am 7. April 2003 mit mehreren 1000 kg "Bunker Buster Bomben" (Bunker brechenden Bomben) bombardiert wurde, weil man dort in einem unterirdischen Bunker Saddam Hussein vermutete, wurde "gesäubert". Das "Restaurant" entpuppte sich 10 Tage später, für die eingetroffenen US- Spezialstreitkräfte, als ein privates Doppelhaus in dem drei Familien getötet und das durch die Bomben völlig vernichtet worden war und von dem nur noch ein 60 Fuß tiefer Bombenkrater übrig geblieben war. Der direkte Nachbar fand ein Bein einer 15 Jahre alten Tochter der getöteten Familien auf seinem Balkon und der Nachbar auf der gegenüberliegenden Straßenseite den Kopf der Großmutter auf seinem Dach. Die Spezialstreitkräfte nahmen von allem DNA-Proben und luden mit schwerem Gerät alle Trümmer auf 12 große Laster und brachten sie an einen unbekannten Ort. Das übrig gebliebene, riesige Loch verfüllten sie mit frischen Sand, so dass heute nur noch eine sauber eingeebnete Platzfläche von ca. 100 mal 70 Meter zu sehen ist.
1.000-fach erhöhte Radioaktivität
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Aber der Schein trügt. An verschiedenen Stellen, z. B. am Bagdad Gate an der Straße Nr. 6, direkt neben einem Rastplatz, wo - etwa acht Meter von unseren Messungen entfernt - eine Familie gerade rastete und eine kleine Mahlzeit zu sich nahm, haben wir an Metallresten das 1000-fache der normalen radioaktiven Umweltstrahlung gemessen. Wir haben die Anwohner vor der Gefahr gewarnt, mehr konnten wir vor Ort nicht tun.
Basra
- früher die Perle des Ostens - jetzt eine Kloake
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Zwei Tage später
sind wir nach Basra aufgebrochen. Unser Fahrer wählte die 600 Kilometer
lange Straße entlang des Tigris, die zu dieser Zeit als relativ sicher
galt und wir erreichten das früher als "Venedig des Ostens"
bekannte Basra heil vor Einbruch der Dunkelheit. Von der Schönheit früherer
Reiseberichte ist heute in der Stadt nicht mehr viel zu sehen, man kann sie
nur noch erahnen. So sind die Kanäle nach zwei Kriegen nur noch ölschwarze,
stinkende Kloaken, angefüllt mit Müll und unzähligen Plastikflaschen.
Am Morgen des nächsten Tages sind wir zu der 20 Kilometer südlich
gelegenen Ortschaft Abu Khasib aufgebrochen. Hier war es während der
26 Tage dauernden Kampfhandlungen des letzten Krieges, zu heftigen Kämpfen
der britischen Streitkräfte gegen irakische Panzer- und Panzerabwehrverbände
gekommen. Gegen diese irakischen Panzer haben die Alliierten große Mengen
von DU-Munition eingesetzt. Irakische Kriegsveteranen haben uns erzählt,
dass die Urangeschosse tatsächlich wie Butter in die irakischen Panzer
eingedrungen sind.
Geigerzähler war überfordert
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Auf diesem ehemaligen
Schlachtfeld bei Abu Khasib haben wir an verschiedenen Stellen eine um das
200-fache höhere Radioaktivität gemessen, als die allgemein übliche,
natürliche Strahlung. An einzelnen Panzerwracks schlug unser Geigerzähler
so hoch aus, dass keine exakte Messung mehr möglich war, weil der Zeiger,
wie festgeklebt, am Ende der Skala hängen blieb und der Zähler einen
höchst schrillen Dauerton abgab. Die Radioaktivität betrug an den
Einschusslöchern dieser Panzer über das 20.000-fache der natürlichen
Strahlung. Immer wieder haben wir auf diesen Panzern Kinder und Jugendliche
gesehen, die auch hier versucht haben aus diesen Wracks wertvolle Metallteile
auszubauen, um sie für ein paar Dinar bei den Schrotthändlern zu
verkaufen.
Auch diese Jugendliche riskieren ständig ihre Gesundheit. Denn bei jedem
Schritt und jedem kleinsten Windstoß werden Uranoxidpartikelchen aufgewirbelt
und wer sie einatmet ist auf das höchste gefährdet. Denn über
die Lunge können sie ins Blut gelangen, sich in den Knochen und im Gewebe
festsetzen und dort trotz ihrer Niedrigstrahlung gesunde Körperzellen
zu Krebszellen werden lassen.
Krebs und Missgeburten im Mutter-Kind-Krankenhaus
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Welche schreckliche Konsequenzen
das hat, konnten wir mit Prof. Günther im "Mutter-Kind-Krankenhaus"
in Basra einen Tag später sehen. Dort sterben inzwischen 80 Prozent der
Leukämie- und krebskranken Kinder an ihren Erkrankungen und alle Kinder,
die wir dort gesehen haben, waren drei Tage später tot. Für die
Leiterin der Station, Prof. Dr. Jenan Hassan, steht fest, dass diese Krebserkrankungen
eine Folge des Einsatzes der Uranmunition sind. Aufgrund der seit über
acht Jahren von ihr gemachten Aufzeichnungen und Fotodokumentationen, kann
sie beweisen, dass seit der großen, von den Alliierten geführten
Panzerschlacht, 1991, bei der Tonnen von Uranmunition eingesetzt wurden, die
Krebsrate an ihrem Krankenhaus um das 10-fache zugenommen hat. Vor 1991 gab
es auch kaum Missgeburten, auch sie sind dramatisch angestiegen, im letzten
Jahr waren es am "Mutter-Kind-Krankenhaus" allein über 300
Fälle. Und Dr. Hassan weist darauf hin, dass in Gegenden des Irak, wo
keine Kriegshandlungen stattgefunden haben, also keine Uranmunition eingesetzt
wurde, es auch bis heute keine solche Krankheitsbilder gibt. Entsprechend
berichtet sie uns von Tragödien, die sich seitdem immer wieder in Basra
und Umgebung abspielen:
So hat vor dem Krieg eine Frau ein gesundes Kind bei ihr zur Welt gebracht.
Ihr Mann war dann als Soldat 1991 an der Panzerschlacht südlich von Basra
beteiligt. 1994 bekam sie wieder ein Kind von ihm. Es hatte schwere Missbildungen
und starb kurz nach der Geburt. Anfang 1996 gebar die Frau ihrem Mann erneut
ein Kind. Es hatte die gleichen Missbildungen und starb wieder kurze Zeit
später. Daraufhin verstieß der Ehemann seine Frau und heiratete
eine andere. Sie bekam ein knappes Jahr später auch ein Kind von ihm:
Es hatte die gleichen Missbildungen wie die beiden Babys der ersten Frau.
Als dem Mann klar wurde, dass er der Verursacher der Missbildungen sein musste,
erschoss er sich.
Nur noch Gebete können helfen
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Dr. Jenan Hassan erzählt
uns weiter, dass die Frauen heute nach der Geburt nicht mehr fragen, ob es
ein Junge oder ein Mädchen ist, sondern ob es gesund oder entstellt ist.
Als Ärztin betet sie deshalb jeden Morgen, dass es keine neuen Fälle
von Leukämie oder Krebs mehr geben möge, aber Allah hat sie bis
heute nicht erhört und sie prophezeit, dass es aufgrund ihrer Erfahrungen
und Untersuchungen in Basra, in ein bis zwei Jahren auch in Bagdad wegen der
schweren Bombardierungen der Saddam-Paläste mit Uranbomben zu einem dramatischen
Anstieg der Leukämie- und Krebserkrankungen kommen wird - nicht nur bei
der Zivilbevölkerung, auch bei den dort stationierten, alliierten Soldaten.
Die Erkrankungen machen vor niemanden Halt. Allein in Basra weiß Dr.
Jenan Hassan, sind inzwischen auch 24 Ärztinnen und Ärzte an Krebs
erkrankt. Und so sitzen die Angehörigen der an Krebs und Leukämie
erkrankten Kinder apathisch neben ihren Söhnen und Töchtern und
starren hilflos die kahlen Wände des Krankenhauses an, denn sie wissen,
dass die Krebsdiagnose das Todesurteil für ihre Kinder bedeutet, weil
es in Basra keine Medikamente gibt, die sie retten könnten.
Auch ich werde den Blick des kleinen Mohammed in meine Kamera nie mehr vergessen:
Der Krebs hatte seine Lymphen zu riesigen Knoten anwachsen lassen und Dr.
Hassan flüsterte mir auf Englisch zu: Er wird den nächsten Sonnenaufgang
nicht mehr erleben.
Mit allen Kolleginnen und Kollegen fordert Dr. Jenan Hassan deshalb die Uranmunition
weltweit zu ächten, weil sie die Umwelt verseucht, weil sie unheilbare
Krankheiten hervorruft und weil sie eine radiologische und hoch giftige Waffe
ist, die nach dem Kriegsführungsrecht eigentlich schon seit vielen Jahrzehnten
verboten ist.
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